Winterberg. Normalerweise kennen wir (Maureen Götza und Anne Rittmeier) diesen Ort nur vom Skifahren, dann, wenn die Pisten voller Schnee bedeckt sind und es normalerweise kalt ist. Heute, am 29. April 2018 lernen wir Winterberg von einer ganz anderen Seite kennen, denn heute starten wir beim Suzuki Lakerun, einem Hindernislauf im Sauerland.

Nach 1 Stunde und 45 Minuten Fahrt in Winterberg angekommen holen wir erst einmal unsere Startunterlagen und das im Preis enthaltene T-Shirt ab. Unsere Vorfreude wächst, vor allem als wir das "Schaum-Hindernis" sehen, ein durch Zäune begrenzter Weg mit 1,5 Metern hohem Schaum. Um 13.00 Uhr starten 15 Minuten vor uns die Elite-Hindernisläufer. Staunend schauen wir zu, wie die ersten Top-Athleten locker und ohne Probleme über das erste Hindernis hüpfen, eine etwa 1,30 Meter hohe Holzrampe.

Um 13.10 Uhr stellen wir uns in unserem Startblock auf. Was uns gleich genau erwarten wird, wissen wir nicht, denn der Lakerun in Winterberg soll ganz anders sein als der Lakerun am Möhnesee, welchen wir im Sommer 2016 bei ca. 30°C bewältigten. Nach kurzer Zeit geht es endlich los. Wir laufen ganze 100 Meter, bis es sich vor genannter Holzrampe staut.  Aber gut, so ist das eben, wenn 178 Läufer über das erste Hindernis drüber müssen. Bei vielen sieht die Bewältigung des ersten Hindernisses nicht so souverän aus wie bei den Elite-Läufern.

Das zweite Hindernis ("Muud") kennen wir schon vom Lakerun am Möhnesee, ein Kriechpfad von ca. 15 Metern Länge, bei dem wir unter gespannten Seilen und Fähnchen herkriechen müssen. Zum Glück haben wir vom Möhnesee-Lakerun dazu gelernt und für solche Hindernisse eine 3/4-Laufhose angezogen, wodurch die Knie nicht komplett zerkratzt werden. Als wir das vierte Hindernis ("Achterleine") sehen, wissen wir schon, dass wir dort die erste "Strafe" bekommen. Da wir beide keine Seile ohne Knoten hochklettern können, müssen wir stattdessen 20 Burpees machen. Es folgen einige Höhenmeter die wir noch problemlos und kraftvoll bewältigen.

Bei Hindernis 7 ("Kiel holen") bleibt mir für kurze Zeit der Atem stehen. Ein kleiner Teich im Schatten mit drei verteilten Holzbrettern im Wasser tut sich vor uns auf. Wir sehen wie die Läufer vor uns mit verzogenen Gesichtern zögerlich in das Wasser eintauchen. Zwar haben wir zu dem Zeitpunkt eine ungefähre Außentemperatur von 18°C, aber zum Baden in einem kalten Teich lädt das Wetter noch nicht ein. Vor allem nicht, wenn wir gerade noch an aufgeschüttetem Schnee vorbeigelaufen sind. Zögerlich gehen auch wir vorsichtig in das Wasser. Wir merken, wie der vom Laufen schon kürzer und flacher gewordene Atem noch kürzer und flacher wird. Es ist eisig kalt in dem Teich. Ein wenig beruhigend ist, dass nebenan zwei Sanitäter bereitstehen. Zitternd tauchen wir unter den drei Holzbrettern durch das kalte Wasser. Als wir wieder an Land sind erfreuen wir uns an dem windstillen Wetter und der Sonne, die auf unsere klitschnasse Kleidung strahlt und uns wenigstens etwas wärmt.

Dass die Strecke anschließend durch einen niedrigen Bachlauf führt, erschüttert uns nicht mehr. Nach diesem Hindernis denke ich für einen kleinen Moment, dass mich heute gar nichts mehr schocken kann.
Aber Hindernis Nr. 8 ("Bergfahrt") belehrt mich schnell eines Besseren. Die Strecke des Lifts Poppenberg, bzw. die rote Piste daneben, dürfen wir steil bergauf zu Fuß bewältigen (103 Höhenmeter), um nachdem wir oben angekommen sind, die rote Piste auf der anderen Seite des Lifts wieder steil bergab zu laufen. Wobei man hier nicht von Laufen sprechen kann, weil die Strecke viel zu steil ist um diese hoch bzw. herunter zu laufen. In dem Wissen, dass wir bei dem 20km-Lauf sowohl den kalten Teich als auch die steile Strecke nochmal bewältigen müssen, tragen wir einen Baumstamm auf der Schulter durch einen kleinen Parcour, Hindernis Nr. 9 ("Heizer").

Es folgende weitere Hindernisse bei denen wir klettern, hangeln, kriechen oder springen müssen. Bei Kilometer 10 gehen wir die bekannte Bobbahn (Veltins-Eisarena) in die entgegengesetzte Richtung der Bobfahrer, also leider bergauf. Fürs Laufen reicht die Puste gerade nicht mehr, denn wenige Meter zuvor haben wir noch Metallketten etwa 400m weit auf den Schultern getragen (Hindernis Nr. 25 "Ankerketten"), zudem haben wir großen Durst, denn die letzte Wasserversorgung liegt schon einige Kilometer hinter uns.

Kurz hinter der Bobbahn fassen wir aber neue Motivation, denn wir sehen die lange Wasserrutsche und eine Verpflegungsstation mit Wassermelonen, Bananen und Wasser. Nach einer Stärkung rutschen wir voller Freude die ca. 150m lange mit Wasser und Spülmittel eingeseifte Rutsche herunter. Bei Kilometer 12 haben wir eine Zwischenzeit von 2h und 40min. Wir wissen, dass uns nun noch einmal der 8km-Rundkurs mit dem eisigen Teich und dem steilen Berg erwartet. Etwas nervös schauen wir auf die Uhr, denn vier Tage vor dem Lauf wurden wir per E-Mail informiert, dass das Zeitlimit von 5h auf 3h und 45min runtergesetzt wurde. Aber da wir nach den 12k Kilometern noch auf die 8km-Runde gelassen werden, sind wir recht zuversichtlich, dass dies nur ein Hinweis war, dass sich die langsameren Läufer nicht zu viel Zeit lassen sollten.

Nach 4 Stunden werden wir von den meisten Helfern auf den letzten Kilometern noch mächtig motiviert und angefeuert. Mittlerweile fehlt uns aber jegliche Kraft. Hindernisse, die wir in der ersten Runde noch locker bewältigen konnten, sind jetzt schon fast eine Qual. Aber zum Glück gibt es gerade im hinteren Läuferfeld viele nette Männer, die uns bei den Hindernissen unterstützen.

Fast am Ziel angekommen genießen wir noch einmal das Schaum-Hindernis, welches uns vor dem Lauf schon beim Zusehen große Freude bereitet hat. Voller Schaum, etwas dreckig und kraftlos, dafür aber voller Freude, Erleichterung und Stolz laufen wir zusammen über die Ziellinie. Im Ziel ist der Mann, der uns die Medaillen gratulierend überreicht, noch motiviert und versucht uns gleich für den Lake-Run in Bremen zu gewinnen. An den nächsten Lauf wollen wir erstmal gar nicht denken, schließlich haben wir uns gerade 4 Stunden und 28 Minuten bewegt und angestrengt, das soll für den Moment genügen. Glücklich trinken wir noch etwas, holen unsere Kleidungssäcke ab und gehen Richtung Duschen. Vor dem Duschzelt werden wir noch von Helfern gewarnt, dass das Wasser leider nur noch lauwarm ist. Im Vergleich zu dem Bad im Teich überhaupt kein Problerm, genauso wenig wie zu den Duschen am Möhnesee 2016, die eiskalt waren.

Als wir wieder im Auto und auf der Rückfahrt sind, lassen wir nochmal einige Hindernisse und die Höhenmeter Revue passieren. Am Abend erfahren wir über die sozialen Netzwerke noch, dass der 20km-Lauf um die 1000 Höhenmeter hat. Der Muskelkater am nächsten Morgen ist für die nächsten Wochen auf jeden Fall unvergesslich. Aber spätestens am 25.08. heißt es dann wieder, Lake-Run (und Muskelkater), wir kommen.

Weitere Infos zum ==> Lake Run in Winterberg